Am Anfang der Sommerferien besuchte ich eine befreundete Familie. Die Familie lebt erst wenige Jahre in Deutschland, der Vater hat gerade ein kleines Bauunternehmen gegründet. Die Arbeit ist hart und zeitraubend, das Geld ist knapp. Die beiden Kinder (11 und 2 Jahre alt) sind daher oft mit der Mutter allein zu Hause. Ich fragte den Großen ganz unverfänglich, was er denn in den Ferien noch so machen würde. Er antwortete mit einem Schulterzucken: "Nichts." Und damit beginnt dieser Text...
Ich habe diesen Jungen und seinen Onkel (19 Jahre) in den Serengeti-Park nach Hodenhagen eingeladen. Und als ich gestern dann im Auto unterwegs war, um sie abzuholen, fragte ich mich, warum ich diesen Impuls hatte... was steckte hinter diesem "Nichts", was mich so berührt hat, diesen Ausflug zu planen.
Ich sagte mir, dass ich möchte, dass er etwas zu berichten hat, wenn in der Schule gefragt wird: "Und, was hast du in den Ferien gemacht?" Mehr zu erzählen als "Ich war Fahrrad fahren und auf dem Spielplatz." "Ich habe Computer gespielt." "Ich habe Zeit mit meiner Familie verbracht." Aber die Frage blieb: "Warum ist mir das so wichtig?" Und dann tauchten plötzlich alte Erinnerungen auf, Erinnerungen an meine Schulzeit. An die Frage: "Und, was hast du in den Ferien gemacht?" - "Nichts." Und auf meine Antwort ein Schweigen und Blicke, die ich als mitleidig bewertete. Mitleidig damit, dass wir nicht das Geld hatten in ferne Länder zu reisen oder teure Ausflüge zu unternehmen; damit, dass wir vier Kinder waren, die Mutter zu Hause und der Vater "nur" Arbeiter... tja, Jugendliche können in ihren Wertesystemen schon grausam sein... und ich schämte mich damals...
Und so sinnierte ich weiter auf der Autofahrt zum Serengeti-Park. Und erinnerte mich, dass ich letzten Sonntag beim Lach-Yoga im Park einen Bekannten aus der Gruppe traf. Er fragte mich: "Und, was hast du diesen Sommer schon gemacht?" und ich antwortete wie damals: "Nichts. Ich bin zu Hause geblieben." Und in seiner Antwort: "Das ist ja auch mal schön." meinte ich wieder diesen mitleidigen Unterton zu hören und schämte mich auch heute. Ich hörte mich plötzlich rechtfertigen: "Ja, also, ich war ja auch schon Wandern im Deister und ich will ja auch noch..." Ich fühlte mich wieder wie die Teenagerin, die ich einst war, und hätte gerne so viel "mehr" zu erzählen gehabt. Irgendwas Großes, Aufregendes, Teures vielleicht...
Dabei fand und finde ich meinen Urlaub dieses Jahr echt großartig; genau das, was ich brauchte... ich habe sooo viel geschlafen, tolle Bücher gelesen, auf dem Balkon gesessen, Ordnung geschaffen in der Wohnung und im Kopf zumindest angefangen aufzuräumen... und noch vieles mehr... Warum dann erzähle ich davon als einem kleinen, verschämten Nichts und nicht von einem großen, stolzen NICHTS. Warum erzähle ich überhaupt, ich habe "Nichts" gemacht, anstatt zu sagen: "Ich habe keine Reise gemacht. Ich war zu Hause und habe viel geschlafen, ..." Aus irgendeinem Grund bewerte ich im Urlaub keine Reise zu unternehmen als "Nichts-Tun" und das ist in meiner Wertung nicht erstrebenswert, das ist schlechter als "Etwas-Tun", sprich zu verreisen.
Und so habe ich auf dieser bedeutsamen Autofahrt den Entschluss gefasst, ab jetzt die kleinen Dinge, die ich tue, zu feiern; die kleinen Urlaube vom Alltag; die kleinen Schritte auf dem Weg zu meinem un-bekannten Ziel. Und euch möchte ich an dieser Stelle immer mal wieder davon erzählen, euch vielleicht inspirieren oder Mut machen zum "Verreisen" im Kleinen, oder auch mal zum wortwörtlichen "Nichts-Tun". Und natürlich freue ich mich über eure Kommentare, wie es euch mit dieser Frage geht: "Was habt ihr im Urlaub so gemacht?" Geht es euch vielleicht manchmal ähnlich wie mir? Ist das für euch Stress?
Schreibt mir! Und dann vergesst nicht: Spielt und tanzt und lacht und lebt...
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